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Australiens Weinwirtschaft - 2010

 

 

Klimakapriolen, Wasserknappheit, Überproduktion: 2010 wird ein schwieriges Jahr für Australien. Stephen Strachan, Chief der Winemakers Federation erklärte Anfang Februar, dass einige Flaschen für 1,20 Euro auf dem Markt sind.

 

Seit Jahren gab es keine reguläre Ernte mehr, erklärt Penfolds Ambassador und Marketingexperte Jamie Sach. Anfang Februar kletterten die Temperaturen in Südaustralien auf knapp 40 Grad in Südaustralien, am 10. Februar – viele Betriebe hatten einen Teil der Weißweintrauben bereits eingefahren – fegte ein Sturm mit Tornadoqualitäten durch das Barrossa Valley, so dass mit Verletzung der Beerenhäute (berry splitting) und Fäulnisschäden zu rechnen ist. So sorgt wenigstens das Wetter für eine Regulierung der Überproduktion – die Supermarktregale des Landes sowie die Lager zahlreicher Produzenten sind noch mit den Jahrgängen 2008 oder 2007 gefüllt.

 

Während die verarbeitete Traubenmenge wie die Weinproduktion in 2008 um gut 30 Prozent auf 1,827 Mio. Tonnen bzw. 1236,5 Mio. Liter anstieg (1,397 Tonnen in 2007 bzw. 955 Liter), waren es nur noch 1,73 Mio. Tonnen bzw. 1,183 Mio. Liter in 2009.

 

Die Exportzahlen sanken in 2008 um elf Prozent auf 698 Millionen Liter, die Exportumsätze nahmen um 14 Prozent ab. 2009 Blieben die Exportumsätze mit 2,4 Billionen AUS $ stabil, das Volumen jedoch stieg um 8 Prozent auf 758 Millionen Liter. Zugelegt haben dabei China , Deutschland, USA, Japan und Schweden, wobei China (+ 50 Mio AUS $) und Hong Kong (+ neun Mio AUS $) die stärksten Zuwächse verzeichnen konnten.

 

Fazit: Die Preise sinken, mindestens 20 Prozent der Anbauflächen müssen stillgelegt werden urteilen Experten, Doug Lehmann, Managing Director Peter Lehmann wines, fordert sogar 30 Prozent. Lehmanns Chief Winemaker Andrew Wigan gibt ihm Recht: „Barossa ein tradionelles Anbaugebiet, trotzdem werden zahlreiche Traubenanbauer aufgeben wenn kein Profit realisiert wird.“ Wichtig sei, dass die Lieferanten diese Zeit überleben, so Wigan und er weiss: „wir müssen smarter werden im Marketing“. Welche Maßnahmen genau, weiß allerdings kaum jemand zu sagen. So wurden Anfragen der Weinwirtschaft von zahlreichenden Marketingabteilungen der Big Players vor Ort entweder gar nicht oder nur zögerlich beantwortet, Auch Zahlenmaterial über aktuelle Abverkäufe behalten die Strategen lieber für sich. Sonst müssten sie nämlich offen legen, wie viel Wein tatsächlich noch bei den Herstellern auf Halde liegt, weiß John Edwards, The Lane vineyard, Adelaide Hills. Wie viele kleinere Produzenten, muss er sich Dank geringer Produktionsmengen und ordentlicher Qualitäten nicht um Absatzprobleme sorgen.

      Peter Gago @ Penfolds in January 2010 during our wine tasting

Andrew Wigan @P. Lehmann

PR-Experten wie Luke Tyler (D'Arenberg, McLaren Vale), möchten aus der Not eine Tugend machen: Alle Rotweine, abgesehen von den einfacheren „Stump Jump“-Qaulitäten mit einem Endverbraucherpreis von acht bis elf AUS $, hätten eine ausgezeichnete Lagerfähigkeit, so Tyler. Es sei also kein Problem, die Weine absatzbedingt länger zurückzuhalten. „Außerdem hatten wir Glück, dass die Auswirkungen der Krise in das Jahr 2009 fielen, in dem wir zahlreiche neue Blends eingeführt haben. So stieg die Produktion der „Stump Jump“ Range durch die Aufstockung mit neuen Varieties in 2009 um10 Prozent, so dass die so genannten „Stumpies“ in 2009 gut 40 Prozent der Gesamtproduktion ausmachten (2008 waren es 30 Prozent). Bedingt durch den Mehrabsatz der „Stumpies“ erhöhte sich die Gesamt-Absatzmenge D'Arenbergs um zehn Prozent, höhere Gewinne ließen sich aber nicht erwirtschaften.

 

Auch Riesling, da sind sich die Oenologen von Lehmann, Penfolds, Wolf Blass und Jacobs Creek einig, lasse sich problemlos mehrere Jahre lagern. Wohin aber mit dem überschüssigen Siraz, Chardonnay, Cabernet und Shiraz? Vor allem bei einfacheren Qualitäten ist, auch mit Schraubverschluss nach ein, zwei Jahren die Luft raus und Dank des australischen Steuersystem, das fertige Weine ab dem Tag der Abfüllung besteuert, entstehen zu den Lagerkosten zusätzliche Belastungen.

 

Ein Teil der Pinot Noir Produktion landet in Neuseeland, wo die Fruchtbomben mit neuseeländischen Pinots als Blend unter neuseeländischem Label verkauft werden. Zugeben mochte dies hüben wie drüben keiner unserer Interviewpartner, eine renommierte Brokerin bestätigte gegenüber Weinwirtschaft jedoch, dass australische Pinots für etwa sechs Dollar (NZ) pro Liter zu haben sind während Bulkware aus Neuseeland wenigstens acht Dollar kosten, Pinots aus Otago werden bei zehn Dollar pro Liter gehandelt (alle Werte plus GST). Während solche Blends in Neuseeland als „product of New Zealand and Australia“ gelabelt werden müssen, dürfen australische Winzer 15 Prozent Fremdweine zugeben ohne deren Herkunft auf dem Etikett angeben zu müssen. Praktiziert wird dies vorwiegend mit Sauvignon Blanc, der in Neuseeland bessere Qualitäten erzielt.

 

Dennoch, viele Kellermeister und Marketingstrategen der Big Players wiegeln ab wenn es um unpopuläre Maßnahmen zur Bewältigung der Weinschwemme geht.

 

Wir haben um die 20 Prozent Überschuss“, gibt Sach zu, Dabei handele es sich jedoch um C- oder D-Grade-Material, also eben jene Trauben, die für die so genannte „cheap and cheerfull industry“ (das so genannte Partysegment) verwendet werden. Trauben vom A- und B-Grad-Material seien nicht ausreichend vorhanden, erklärt Peter Gago, Chef-Önologe von Penfolds, „wir würden liebend gern mehr Grange produzieren!“ Auch Chris Hatcher, Chief Winemaker bei Wolf Blass liebäugelt, es ginge nicht darum möglichst viel Wein zu produzieren, „wir wollen Erfolg im Top-Segement des Marktes“. Gago erklärt weiter, Penfolds habe aufgrund der starken internationalen Markenpräsenz weniger Probleme auf den Weltmärkten. Ein weiteres Plus sei die große Verteilung der Anbaufläcen, sagt Gago, so dass man auf die Anforderungen des Marktes flexibel reagieren könnte. Diese Einstellung teilt man auch bei Jacob's Creek, dort setzt man neuerdings verstärkt auf Rebsorten aus Europa, um einerseits den klimatischen Veränderungen standhalten zu können, andererseits sollen Dolcetto, Graciano, Lagrein, Sangiovese und Tempranillo Schwung in die eintönigen Fruchtbomben bringen.

 

Die größte Herausforderung im Marketingbereich sehen die Strategen darin, den Konsumenten besser zu informieren. „Australien hat mehr zu bieten als einfache, trinkfertige Weine. Wir müssen Terroir und Stil kommunizieren“, erklärt Sach. Ähnlich urteilen die Fachleute bei D'Arenberg, Jacob's Creek oder Hardy's.

 

Großbritannien und die USA sind nach wie vor die wichtigsten Exportmärkte Australiens, gefolgt China, Hong Kong, Japan und Singapur, wo die Exportzahlen seit 2007 kräftig zugelegt haben (Australiens Exporte to China kletterten von 37 Mio AUS $ auf 74.9 Mio AUS $, Exporte nach to Hong Kong von 24.4 Mio AUS $ auf 40.2 Mio Aus $ zwischen 2006 und 2008). Deutschland wird als wichtiger Markt angesehen, steht jedoch in seiner Bedeutung weit hinter dem UK oder den USA. Lehmann etwa entwickelte eigens für den US-Markt vier Blends, die vor allem junge Konsumenten ansprechen sollen. Chile gilt als potenter Konkurrent, vor allem aufgrund der deutlich geringeren Personalkosten.

 

Da zahlreiche Kooperationen ihre Trauben vorwiegend von externen Produzenten erhalten (Penfolds etwa verwendet nur 30 Prozent eigene Trauben) deren Verträge gemäß der Marktsituation entsprechend angepasst werden, haben sich einige Traubenlieferanten (wie zahlreiche Obstbauern) gegen die Feldwirtschaft entschieden, und vermarkten statt dessen die Wasserrechte, die ihnen für die Bewirtschaftung der Felder zustehen.

 

Auch die Strukturmaßnahmen der Vergangenheit rächen sich jetzt bitter. Als Rousemount 1990 von Southcorp übernommen wurde, die 2005 wiederum in die Foster's Group überging, wechselten nicht nur die Aktien den Besitzer. Aus den einst dichten und komplexen Weinen der Marke Lindemanns entwickelten sich seit 2003 mit der Entlassung Philllip Shaws, seit 1986 Generalwinemaker von Southcorp, die Rosemount Fruchtbomben. Heute kämpft Foster's mit den hohen Verlusten seines unprofitablen Weinsegmentes. Bereits 2008 berichtete die Financial Times, Fosters suche händeringend nach einem Käufer für sein Weinsegment, 2009 bot Fosters offiziell ein drittel seiner Weingärten zum Verkauf an. Insider berichten jedoch von Plänen, nach denen zum heutigen Zeitpunkt alle Anbauflächen und Betriebe inklusive Penfolds zum Verkauf stehen und Fosters sich von sämtlichen Weinproduktionsbetrieben trennen wird wenn sich die Verkaufszahlen in 2010 nicht gravierend verändern. Schließlich ist Fosters eine so genannte „publicly listed company“, so dass die Wirtschaftlichkeit des Giganten durchaus zur Staatsfrage werden könnte.

 

Weinwirtschaft Ausgabe März / April 2010